Red Storm VIII

  • Krampfhaft hielt ich mich fest um nicht von der hölzernen Beifahrerbank des alten Lasters
    zu fallen. Zudem brannte mein Gesäß von den vielen Stößen. So mussten sich F-15 Eagle Driver auf langen Missionen fühlen.

    Der kleine alte LKW rumpelte über den schlecht befestigten Weg.
    "Not far to border sir, about two houres or less" rief mir mein Kontaktmann über das Dröhnen des Zweitakters zu.
    Die umfangreichen Unterlagen, welche wir für den Flug am Mittwoch erhalten hatten, hatten drei Rescue Points vorgesehen, an denen man sich mit einer Kontaktperson treffen würde.
    Von mir aus hätten es noch mehr sein können wenn ich an den langen Fußmarsch der Nacht zurück dachte...
    Zwecks Tarnung hatte ich meine Flightkombi gegen das Outfit eines,... eines, äh Typen gewechselt....
    Also irgendwie sah ich aus wie ein Zuhälter. Knalliges, wenn auch schmuddeliges Hemd bis zum Bauchnabel aufgeknöpft, damit man die dicke Goldkette sehen konnte. Die Hemdsärmel inkl. des Leinensackos einmal aufgeschlagen, damit man die dicke Rollex Imitation besser funkeln sah. Nadelstreifenhose mit Krokoleder- Cowboystiefel rundeten das Bild neben der
    Porsche Brille mit blau verlaufenden Gläsern ab.

    Die Verkleidung war authentisch, hatte ich sie doch im fliegenden Wechsel vom Vorbesitzer übernommen, der die Garderobe dem Mief nach zu urteilen schon längere Zeit nicht mehr gewechselt hatte.
    Unsere Ware auf der Ladefläche bestand aus Spielautomaten und mein Kontaktmann schwor, dass er mit dieser Tarnung schon einige potentiellen Staatsfeinde außer Landes geschmuggelt hatte.
    Die Fahrt war monoton und meine Gedanken schweiften zurück zur vergangenen Mission.


    Wir hatten den Auftrag gehabt eine Waffenfabrik im tiefsten Serbien anzugreifen. Nach unserem letzten Einsatz hatte Serbien seinen doch beachtlichen SAM Abwehrschirm aufgespannt. Zu viele Threats wie SA-5, SA-2, SA-3 und SA-6 um eine Schneise in
    die überlappenden Bereiche zu schlagen und so war der Plan die Strecke bis zum Ziel im Tiefflug zu überbrücken.

    Da mit extremer Gegenwehr durch AAA gerechnet wurde und die Wahrscheinlichkeit sehr hoch war ein paar Treffer zu kassieren, war dieser Einsatz auf rein freiwilliger Basis. Es hieß, dass mit Verlusten zu rechnen war.


    Sechs Piloten meldeten sich zu diesem waghalsigen Trip:
    Rampage, Bikeman, Hummer, Nik, Rabbit und ich.
    Eine Stunde vor Tagesanbruch starteten wir von Podgorica aus gen Serbien.
    Die Threat Circle ragten weit in denn motenegrischen Luftraum rein und Rabbit und ich welche wir auf 15.000 Fuß gestiegen waren, wurden bereits vor Erreichen der Border gezwungen abzusteigen, da erst eine SA-5 auf uns abgeschossen wurde und
    in 6000 Fuß die Flakgranaten um uns herum explodierten.

    Rampage und Bikeman, waren uns 5 Meilen voraus und hatten bereits die Grenze im Tiefflug passiert. Als Hummer mit Nik wenig später die Position überflog wurden sie bereits von AK-47 beharkt.
    Zum Glück war die Gegenwehr auf der rund 130 Meilen messenden Strecke zum Ziel geringer als in den Offline- Tests der Strategen prognostiziert. Das Ziel, die Fabrik selber schien hingegen gut verteidigt.
    Rampage ließ sich trotz des massiv einsetzten Sperrfeuers nicht vom Zielanflug abbringen und so konnte er gemeinsam mit Bikeman 8000 Pfund Sprengkraft auf das Hauptfabrikgebäude der Waffenschmiede, welche als Lebensmittelfabrik getarnt war, abwerfen.
    Rabbit und ich waren die Nächsten. Das Ziel stand mächtig unter Rauch und so luden wir unsere Bomben auf das Manufaktur Gebäude an der Ostflanke des Fabrikkomplexes ab.
    Zum Schluss gab es den Nachschlag von Hummer und Nik, wobei Hummer das Ziel als vernichtet deklarierte und seine Bomben auf eine Fahrzeug Ansammlung verwarf. Später stellte sich heraus, das es sich um eine SA-5 Stellung gehandelt hatte.
    Nik legte mit seiner Nutzlast noch den großen Schornstein um.


    Taktischerweise wählten wir nicht den exakt gleichen Weg zurück, sondern verlagerten den Heimweg etwas nach Westen.
    Schließlich wollten wir der einmal durchflogenen AAA keine zweite Chance geben...
    Dennoch... Rabbit sah wie plötzlich massives Sperrfeuer von rechts auf seinen Lead einsetzte, aber bevor er noch eine Warnung aussprechen konnte, schlug es unvermittelt bei mir ein.
    Mist, kein Pling oder Ploing und ein paar Instrumente quittieren ihren Dienst. Es rumste einmal, dafür aber richtig und meine Maschine zog nach unten. Recht Unvorteilhaft, wenn man in 100 Fuß Höhe über die Landschaft düst.
    Meine Linke schnellte nach hinten und rotierte das Pitch Trimmrad schwanzlastig,… es reichte nicht. Drei Sekunden nach dem Treffer zog ich den Eject Handle ohne noch Zeit zu finden einen Notruf abzusetzen.
    Rabbit hatte es zum Glück gesehen und meldete die Position meines Absturzes.


    Der Rest der Truppe schaffte es unbeschadet zurück in den motenegrischen Luftraum. Zwar mussten sie auf dem Rückweg diversen AAA Nestern ausweichen, kamen teilweise noch einmal unter Beschuss, aber sie hatten Glück und wurden nicht getroffen.


    Die Landung in Podgorica stellte dann wegen des recht turbulenten Seitenwindes noch eine nicht unerhebliche Herausforderung da, welche aber von allen Piloten gemeistert wurde.


    Die vollkommene Vernichtung der Fabrik konnte bestätigt werden, ebenso ihre wahre Bestimmung, da im Allgemeinen eine Lebensmittelfabrik nicht so spektakuläre und andauernde Sekundärexplosionen aufweist.


    Mission Success!


    Dank an alle beteiligten Piloten für ihren freiwilligen Einsatz.

  • Vielen Dank für das Debrief und die spannende Mission.
    Der Nervenkitzel war garantiert, auch wenns offline mehr Gegenwehr gab hat man doch hinter jedem Hügel einen undurchdringlichen Feuerhagel erwartet und war entsprechend nervös. Wie sich an deinem Abschuss gezeigt hat waren die Serben ja auch nicht gerade auf Urlaub, die habens schon versucht.


    Respekt auch an die folgenden Flights, da wo Bikeman und ich noch von nem Präzisionsbombardement sprechen konnten mussten diese Improvisieren.
    Das ganze bei 550 Knoten im Tiefstflug und trotzdem haben wir den komplex lahmgelegt und sogar noch Fahrzeuge zerstört!
    Wahnsinn!


    Bumerang ein Foto von dir in deiner "Tarnung" würde mich noch interessieren *g*

  • Wieder mal ein genialer Debrief, wie immer ein Genuss zum Lesen.


    Eigentlich sind diese Red Storm Debriefs zu schade, um in einem geschützten Bereich der Homepage zu liegen. Wir könnten sie ruhig auf einer öffentlich zugängigen Seite der Homepage veröffentlichten und zeigen, was wir alles tun und vor allem, was wir alles können! Was hält die Staffelleitung von diesem Vorschlag?


    Regards
    Bikeman

  • sehr schönes debrief!
    war ein sehr spannender flugabend! wie rampage schon sagte, hinter jeder kuppe hat man mit massiver luftabwehr gerechnet!
    ich zähle schon die tage unserer einsatzzeit in montenegro! habe gehört, daß wir nächste woche die heimreise nach pescara antreten und vorher von den italienern abgelöst werden! mal schauen was da dran ist!
    salute
    rabbit

  • Die gewürzten Debriefings, bei denen es auf so wichtige Details wie Sonnenbrillen ankommt, gefallen mir sehr. Dokumentieren sie doch die Kreativität des Missionbauers, die zu solchen hochspannenden Einsätzen führen. :8:


    Nur so nebenbei bemerkt, du bist wenigstens schlecht gefahren, während Pitbull und ich tags zuvor über eine riesige Eisfläche in Israel gelatscht sind. Eisfläche deshalb, weil die da mächtig gestreut hatten, teilweise köcheltief, s.d. der feine Sand immer schön in die Fliegerstiefel lief. Die eignen sich sehr gut um die Pedale zu treten, zum Wandern eher nicht, aber immer noch besser als barfuß. Wir sangen: Ich hab noch Sand in den Schuhen von Ägypten, reimt sich nicht so gut wie der Originaltitel, aber stimmte.


    Zurück auf den Balkan. Beim Briefing kam mir mehrfach der Film das Boot in den Sinn. F-16 gut mit Vaseline einschmieren und dann durch die von den Serben beim Discounter erworbene Luftabwehr flutschen. Was ich noch gedacht habe, sag ich nicht. :5:


    Dann zum Flug. Ramp und Takeoff gehören zur Routine, Kommunikation ebenfalls. Es ist wohltuend, wenn man sich darüber keinerlei Gedanken machen muss, jederzeit in der Lage verankert ist, weil wir in dieser Sache mittlerweile ziemlich gut sind.
    Kurz nach dem Start, als mein Lead den Befehl gab, etwas an der Grasnarbe zu schnuppern, war ich um das bisschen Zwielicht des Morgens sehr dankbar und trotzdem schreckte mich Betty einmal aus meiner etwas verkrampften Haltung, nämlich mit zwischen die Schultern gezogenen Kopf zu fliegen. Sie rief mir zu: pullup, ich könnte wetten, sie auch noch so was wie Trottel gemurmelt. Eine Sekunde später und das wär‘s gewesen, habe nämlich immer zu meinen Lead geschaut, nicht direkt, sondern per Yardstick und HSD und da kann einen schon mal schnell das Gelände anspringen. Ja ich weiß, gestern schon mal geschrieben, aber wenn‘s denn so war. :D


    Was ich jetzt schreibe, dafür genier ich mich ein wenig. Der Vorwurf an mangelnder SA nagte schon ein wenig an mir, weil er nur zT. stimmt 9: und deshalb dachte ich, ich fliege als letzter und wenn denn einer von uns ins Gras beißen soll, dann bitte nicht ich, sondern einer vor mir, um noch rechtzeitig reagieren zu können. Ich weiß, nicht sehr edelmütig. :9:


    Einmal war es fast so weit, da wurde Hummer massiv bepflastert, sah schaurig schön aus, Gott sei Dank, er ist unbeschadet durchgekommen. Dann sah ich schon in der Entfernung das Bodenfeuerwerk, das die beiden Flight vor mir mit „Bombs away“ angekündigt und entfacht haben.


    Mit meinen beiden schweren Mumpeln wollte ich nicht wieder zurückfliegen, deshalb hielt ich Ausschau, worauf ich sie werfen könnte. Beleuchtung war gut und da sah ich ihn, den Smokestack. Im Debrief sah ich allerdings, dass ihn Rampage schon vor mir getroffen hat, aber er stand da halt so schön. Rektal konnte ich ihm nichts einführen, also zwei Dinger oral appliziert. Beim Einschlag wurde mein Pit schön erleuchtet und sah irgendwie wie das Gemälde von Rembrandt „die Nachtwache“ aus. Keine Ahnung wie ich darauf kam.


    Auch wenn wir eine Maschine verloren haben, ein sehr spannender und aufregender Flug. Und die abgesprochene SA war auch wieder da. :9:


    Gruß