Ein Tag als F-16 Pilot

  • Heute Morgen saß ich in einem Apache während mir mein Kumpel Mathew das Pilotencockpit erklärte. Als ich auf die Uhr sah, bemerkte ich, das es schon spät war. Ich musste noch die komplette Flugplanung für heute machen und hatte nur noch eine dreiviertel Stunde Zeit dafür. Also raus aus dem Apache und rein in den dunklen, kalten Bürotrakt, in dem das Büro meiner Staffel untergebracht war.
    An der Bürotür war wie immer das Motto der Woche zu lesen. Diese Woche war es irgendwas mit Training und Kampf, so genau weiß ich das auch nicht mehr, es musste ja schließlich schnell gehen. Bei meinem Spint suchte ich schnell meine Unterlagen und Plannungswerkzeuge zusammen, ein kurzer Blick auf die Uhr verriet mir, dass schon wieder gut 5 Minuten drauf gegangen waren. Nachdem ich endlich geschafft hatte, alle wichtigen Dinge wie die Treibstoffmenge oder die Grenzen der verschiedenen Lufträume zu berechnen, bzw. zu finden hatte ich noch 4 Minuten in denen ich kurz verschnaufen konnte.
    Kurz darauf bemerkte ich, dass ich noch nichts zu Mittag gegessen hatte und Hunger bekam. In der Kantine nahm ich mir 2 Wurstsemmeln in Alufolie verpackt, danach holte ich mir aus meinem Spint noch eine Wasserflasche und verstaute alles in der extra für ein F-16-Cockpit angefertigten Leinentasche. Dann war es schon längst Zeit, mich umzuziehen und zum Flugzeug zu gehen. Mein Anti-G-Suit war schnell angezogen, dann noch schnell die Schwimmweste umgeworfen, Helm und Fallschirm-sack gepackt und ab aufs Vorfeld. An der Barackentür wartete Dan - mein Lead und Ausbilder - grinsend auf mich "Na, schon wieder zu spät", blödelte er.


    Die Kunsan Airbase war mit der Landung des F-15 Fourships vor ein paar Minuten langsam zum Leben erwacht. Ein paar Piloten schlenderten zu ihren Maschinen, überall waren Mechaniker und Techniker zu sehen, die an ramponierten Jets schraubten. Auf einmal ging die Tür des ATC-Gebäudes auf und vier Crew-Chiefs stürmten heraus - in Richtung der QRA-Zone der Airbase. Ein schrecklicher Alarm begann zu ertönen und viele Arbeiter rannten in die Richtung der Schutzbunker. Ich drehte mich zu Dan um, er raufte sich gerade die Haare und da wurde mir bewusst, dass es kein Training, sondern Ernstfall war, denn Dan war im Ausbildungsführungsstab und hätte von einem QRA-Training gewusst. Ich warf erneut einen Blick zur QRA-Zone, wo die Piloten gerade die Triebwerke aufheulen ließen, es waren 4 F-16 - bis an die Zähne mit AIM-120 und Sidewinders bewaffnet.
    Die Camouflage war in grau und blau gehalten, was nur eines bedeuten konnte, es waren Piloten der 47th Dragonfighters von der NATO-Response-Force. Deutlich erleichtert drehte ich mich um und lief zu meinem Flugzeug. Der 47th NRF gehören nur die Besten an, nur die, die das finale Combat-Training im Auslandseinsatz mit den besten Ergebnissen abgeschlossen haben, können sich bewerben. Ich würde jetzt gleich den 14. Flug in diesem Training absolvieren - bis jetzt lief es gut. Heute war ein Pop-Up-Training bei Kotar angesetzt und anschließend Air-Refueling. Gerade als ich die Leiter zum Cockpit der F-16 hochkletterte um mein Gepäck zu verstauen, rollten die NRF-F16 an mir vorbei, auf den Flugzeugen standen Callsigns wie "Rabbit" oder "Bumerang", "Viper" - diese Piloten hatten jahrelange Erfahrung und ich wusste über sehr viele ihrer Operationen bei der 47th Bescheid. Seit Beginn meiner Flugausbildung fiebere ich dem Tag entgegen, an dem ich vor den Piloten der 47th vorsprechen kann, um mich für einen Platz in der Staffel zu bewerben. Doch jetzt stand erstmal der Trainingsflug an.
    Der Outside-Check war schnell gemacht und nachdem mir mein heutiger Chrew-Chief beim anschallen im Cockpit geholfen hatte, begann ich mit den Systemchecks für den Triebwerks-start. Eine gute halbe Stunde später war meine F-16 C / Blk 52 startbereit - in der Zwischenzeit waren die QRA-Jungs zurückgekehrt und konnten ein paar mehr Abschüsse für ihr Konto verbuchen. Wie ich später erfuhr, hatten 2 MIG-23 versucht die Kunsan-Airbase anzugreifen, was sie ihrer eigenen Freiheit bezahlen mussten, denn die Piloten der MIG's saßen jetzt im Gefängnis. Die ATC wies meinem Flight die RWY 36 zu, Dan und ich rollten gemütlich zur Holding-Bay vor der 36 und ließen die Ground-Crew den Last-Chance-Check machen. Nach ca. 5 Minuten war der Check beendet und die Crew-Chiefs salutierten neben den Maschinen, das Zeichen, dass alles in Ordnung war und wir zum Holding-Point rollen konnten.
    Ca. 2 weitere Minuten später bestätigte der Tower die Startfreigabe: "Rookie 3 you are cleared for Take-off Runway 36". Dan und ich rollten auf die Startbahn und stellten uns für einen Two-Ship-Start auf. Die Nachbrenner heulten auf, als Dan das Zeichen zum Start gab. Ich liebe das kurze Ruckeln, wenn sich die Bremsen lösen und die Maschine mit dröhnendem Nachbrenner die Runway entlang rast. Bei ca. 180 kn zog Dan die Nase seines Falcon hoch, Sekunden später tat ich es ihm nach und wir stiegen in den Himmel auf. Nachdem wir die Checkliste für den Status Airborne abgearbeitet hatten, verließen wir die Platzrunde nach Osten und stiegen auf die heutige Reiseflughöhe von 8000ft.

    Jetzt hatte ich Zeit, die folgende Übung vorzubereiten, da der Autopilot die Aufgabe des Fliegens übernahm. In meinen MFD's stellte ich das Radar von Air-to-Air auf Air-to-Ground um, stellte die Zeit nach der die Bombe nach dem Abwurf scharf wird und den Abwurfmodus ein. Ca. 5 Minuten später funkte Dan, dass es jetzt Zeit sei, mit dem Low-Level-Approach auf die Kotar-Trainingsrange zu beginnen. Wir sanken also auf 250 ft und folgten dem Geländeverlauf mit vielen aufeinanderfolgenden Flugmanövern. Als die berechnete Zeit zur Kotar-Range nur noch 5 Minuten betrug, stellte ich den Master-Arm auf On, damit die Bomben ausgelöst werden konnten. Außerdem checkte ich nochmal alles was von Wichtigkeit war, wie z.B. die Einstellung des Programms im Gegenmaßnahmen-Panel. Jetzt rasten wir mit gut 400 Sachen unseren Zielen entgegen, wie im Briefing am Vortag besprochen, würden es ein paar ausrangierte Panzer und Lastwagen sein.
    5 Meilen noch - wir zogen unsere F-16 mit einer Belastung von 9 G in den Himmel, flogen eine halbe Rolle, richteten unsere Nasen im Kopfüber-Flug auf die Ziele aus und rollten wieder in Normalfluglage zurück. Millisekunden später befand sich der Bomb-Release-Cue über meinen Zielen und ich löste die komplette Bombenlast unter meinen Flügeln aus. Flares werfend drehte ich 90° nach rechts ab und stürzte wieder Richtung Boden um keine Treffer von Luftabwehrgeschützen einzustecken. Dan machte dasselbe nur nach links.
    Danach umkreisten wir die Trainings-Range, nahmen wieder Formation ein, begutachteten unsere Treffer und machten Fotos für's Debriefing. Unsere Ziele hatten wir getroffen, wie es geplant war. Doch die nächste Übung wartete schon, denn unser Treibstoff würde uns nicht zurück nach Kunsan reichen. Wir stiegen, nachdem wir den Übungs-Luftraum verlassen hatten, auf 20 000ft. Das AWACS übermittelte uns für die Luftbetankung aktuelle Position und TACAN-Channel des Tankers. Laut Bordcomputer, hatten wir noch ca. 10 Minuten Reiseflug vor uns, bevor wir auf den Tanker stoßen würden. Wir nutzten diese Zeit, um unsere Maschinen auf die Luftbetankung vorzubereiten und die schöne Aussicht zu genießen.

    "Cantine 2-1 Rookie 3-1, request Refuel for two F-16" - "Rookie 3-1 you are cleared for Pre-Contact". Dan funkte mit der Crew einer KC-135 Exteneder und fragte um Erlaubnis für die Betankung. Er bekam die Anweisung, in die Pre-Contact-Position zu gehen - Pre-Contact ist eine Position die ein Pilot anfliegt, bevor er die Erlaubnis für die Contact-Position erhält. Wir schlossen dichter zur KC-135 auf, Dan nahm die Pre-Contact-Position ein, während ich leicht nach hinten versetzt an seiner linken flog. Die Erlaubnis für die Contact-Position erhielt Dan wenige Sekunden später. Als er fertig war, schwenkte er leicht nach rechts rüber und machte mir Platz für den Pre-Contact. Auch ich betankte meinen Falcon, war aber langsamer als Dan, ich würde das wohl noch ein paar mal im Simulator üben. Wir meldeten uns von der Tankercrew ab und machten uns auf den Heimweg...

  • ...Während dem Flug gab ich die Daten für eine ILS-Landung in Kunsan im ICP ein, da sich die Sicht zunehmend verschlechterte. Wir flogen so vor uns hin, und erreichten schließlich den Kontrollbereich der Airbase. Dan meldete unseren Flight an und erfragte die Landeerlaubnis für eine Two-Ship-Landung. ATC wies ihn jedoch auf die schlechte Wetterlage hin und erteilte die Erlaubnis für 2 Einzellandungen, das Bedeutete, dass ich mich selbst anmelden musste. "Kunsan Tower Rookie 3-2, F-16, Information X-Ray, 15 Miles east of Sierra at 5000ft for Landing". Der Tower gab mir die Erlaubnis über Sierra in den Luftraum der Airbase einzufliegen. Über Sierra meldete ich mich erneut und begann dann mit dem ILS-Anflug auf die immer noch aktive RNWY 36. Im mittlerweile ziemlich regnerischen Wetter drehte ich in den Final ( Endanflug auf eine Landebahn) und erhielt die endgültige Landeerlaubnis. Als ich die Runway verließ, trat ich in Kontakt mit der Bodenkontrolle und bekam die Anweisung, auf den Parkplatz der neben Dan war zu rollen.
    In der Parkposition erledigte ich den After-Flight-Check, spulte das Triebwerk runter und schaltete sämtliche Systeme nach Checkliste aus. Jetzt packte ich noch meine Sachen, wie den Flightbag zusammen und öffnete erst dann die Canopy ( Glaskuppel des Cockpits), damit ich nicht allzu nass wurde. Mein Crewchief begrüßte mich im Regenoutfit und begann mit seinen Mitarbeitern den Outside-Check. Dan kam um die Nase meiner F-16 und wir liefen zu "unserer" Baracke.

    An unseren Spints zogen wir uns um und verstauten Fallschirm und Helm. Ich war müde - die letzten Tage waren anstrengend - doch das Debriefing musste sein. Dan erläuterte mir, was gut war bzw. was nicht so gut gelaufen war. Das langsame Air-Refueling war ihm eigentlich der einzige Dorn im Auge und er riet mir im Simulator nochmal zu üben.
    Anschließend verabschiedete ich mich von Dan und machte mich in Richtung meines Zimmers auf. Rob saß auf seinem Bett, den Laptop auf seinen Knien und war vertieft in eine E-Mail oder einen Artikel. Am einzigen Tisch des Vierbettzimmers saß Michael und trank Kaffee, auch er sah geschafft aus - ich setzte mich zu ihm und wir redeten noch ein bisschen. Nach dem Duschen flaggte ich mich auf mein Bett und jetzt liege ich hier und schreibe dieses Tagebuch. Oh man bin ich müde, also gute Nacht...



    Ist zwar schon ein bisschen spät, da ihr ja jetzt in Italien stationiert seit, aber ich wollte die Geschichte nicht mehr umschreiben, weil ich lange genug daran gesessen bin :)


    Viele Grüße


    Korbi

  • Hi Korbi,
    sehr schöne Geschichte!
    Quasi aus dem Leben :8:
    Habe läuten gehört, dass die Ausbildungsstaffel einen Ausflug ins Balkan Theater macht. Dann sehen wir uns wieder in der Luft.
    Ps. Gabs eigentlich keine Probeme mit der maintanance? 9G ziehen mit Bomben drunter... :9: :D
    Grüsse