Ich staunte nicht schlecht, als der C-17 von Kunsan kommend nur drei Piloten entstiegen. Ich begrüsste Bumerang, Rabbit und Hummer und fragte, wo Viper geblieben war. Keiner wusste genau, warum unser C/O, der doch sonst immer so zuverlässig war, in Kunsan nicht erschienen war. Und mit der Crew der C-17 konnte man nicht verhandeln, nicht mal 15 Minuten wollten sie warten.
Wir marschierten zum Briefing-Raum und ich ging alle Szenarien durch. Für einen CAP brauchten wir mindestens 4 Piloten. Sollte ich selbst eine F-16 übernehmen? Geht nicht, nur ich kannte die Koordinaten des Rendezvous Punkt und ich durfte sie nicht weiter geben.
Für weitere Diskussionen hatten wir keine Zeit mehr. Die Maschinen standen schon bereit auf dem North Apron und auch ich musste mich zur Herkules begeben, wo bereits meine zwei Piloten ungeduldig warteten.
Nach dem Starten der Triebwerke rollten wir gemütlich zur Intersection F2. Ich wechselte auf die taktische Frequenz und hörte, dass die drei F16 bereits in der Holding Bay waren. Nur von Viper war immer noch keine Spur.
Ich sprach mich mit Bumerang ab und wir entschlossen, dass wir die CAP-Zeiten kürzer halten würden und dann halt jeweils nur ein Flugzeug zum Reload nach Kimpo fliegen würde.
Mit einem langen Nachbrennerschweif starteten als erstes Hummer und Rabbit und wir linierten gleich hinter den beiden auf. Bumerang verblieb in der Holding Bay und würde erst später starten.
Obwohl ich wusste, dass auf unsere Jungs immer Verlass ist, hatte ich doch ein mulmiges Gefühl. Nur drei Jäger für einen CAP und wir wussten nicht genau, was uns der Gegner entgegen hielt. Den CAP sollten wir ja mindestens eine Stunde betreiben. Wenn uns da nur nicht die Munition ausgeht.
Schon auf dem Hinweg hörte ich AWACS Mig-21 melden. Die Nordkoreaner waren also bereits vor Ort. Rasch flogen wir Richtung FLOT und bereiteten unsere C-130 auf den Kampf vor. Währenddessen wurden die Mig-21 bereits von Hummer und Rabbit aus dem CAP-Raum gedrängt und mit Raketen beschossen.
Kurz nach der FLOT meldete AWACS zwei J-5 ganz nahe bei uns. Wir flogen tief und hatten alle Lichter ausgemacht. Hoffentlich würden sie uns nicht sehen, denn ein Radar war in der alten Mühle sowieso nicht installiert. Wir gaben Hummer einen kurzen Hinweis über die J-5 und schon wenige Augenblicke später sahen wir die IRIS-T durch die schwarze Nacht Richtung Gegner ziehen.
Nur wenige Meilen nach der FLOT begannen wir unseren Anflug auf den ersten Airstrip. Im Hintergrund hörten wir, wie Hummer die nächste Angriffswelle meldete, als wir schon auf der kurzen Piste des verlassenen Strips aufsetzten.
Schnell rollten wir bis zum Ende der Landebahn und dort erkannten wir auch die Lichter der Taschenlampen unserer vermissten Piloten im nahen Wald. Es dauerte lange 12 Minuten, bis alle an Bord geklettert waren und wir die Heckrampe geschlossen hatten.
Als wir wieder in der Luft waren, hatte Rabbit bereits den CAP verlassen und Bumerang meldete gerade "ready on station". Das Timing schien wirklich aufzugehen und just in diesem Moment kam der Spruch: "Snake71 ready for departure in 3 minutes". Viper hatte es irgendwie geschafft nach Kimpo zu kommen und rollte bereits Richtung Startbahn 14R in Kimpo.
Bevor Hummer sich aus dem CAP verabschiedete, übergab er Bumerang und dem herannahenden Viper eine saubere Luftlage. Alle Gegner wurden erfolgreich aus dem Zielgebiet gedrängt.
Doch die nächste Welle rollte bereits von Norden her an. Genau dorthin mussten wir mit unserer Herkules fliegen, um auf dem zweiten Airstrip die letzten Piloten aufzunehmen. Im Dunkel der Nacht kurvte unser Pilot knapp über dem Boden in einer scharfen Linkskurve auf den Endanflug ein. Doch statt einer Piste sah ich plötzlich nur ein riesiges Gebäude im Final. Die beiden Piloten waren wohl auch etwas überrascht und so steuerte der Captain die Herki nach rechts, flog schräg auf die Piste zu und riss im letzten Moment die C-130 in die Pistenachse. Ein harter Schlag und wir setzten auf der Betonpiste auf.
Die letzten fünf Piloten liessen auf sich warten und so verharrten wir gespannt am Ende der Startbahn. Ich hatte wieder Zeit, um den taktischen Kanal wieder etwas lauter zu drehen und die Situation zu analysieren. Viper flog inzwischen wieder Richtung Kimpo und der erwartete Rabbit hatte wegen technischen Problemen Verzögerungen beim Start. So sah ich im Data Link, wie Bumerang einsam seine Kreise zog und jederzeit Herr der Lage war. Wie lange konnte er das noch durchhalten? Nach meinen Berechnungen würde sein Sprit wohl bald alle sein.
Jetzt schauten plötzlich drei Piloten zur Laderampe rein und verlangten nach Hilfe, um die verletzten beiden Piloten in die Transportmaschine zu hiefen. Schnell wurden alle eingeladen, die Heckrampe geschlossen und zügig Richtung Startbahn gerollt. Wir hätten direkt Richtung Osten starten können, aber da stand ja dieses riesige Gebäude. Das wollte unser Commander dann doch nicht riskieren und so machten wir einen "Backtrack" und starteten in die andere Richtung.
Gerade als wir nach dem Start das Fahrwerk eingefahren hatten, meldete Hummer, der von Bumerang die Kontrolle im CAP übernommen hatte, dass gerade einige Mig-29 im Anmarsch waren und wir noch am Boden bleiben sollten. Zu spät. Auch AWACS warnte uns andauernd vor den Feindfliegern und so blieb uns nichts als die Flucht Richtung FLOT. 60 NM im Tiefstflug mit dieser Kiste und der so wertvollen Fracht. Wenn da jetzt ein Manpad im Gras versteckt ist, das wäre nicht gut gewesen.
Alle Leistungshebel am Anschlag hetzte die Herkules Richtung Südwesten. Niemand sprach ein Wort und alle verfolgten die Kampfhandlungen auf UHF 16. Mit etwas Stolz registrierten ich einen Abschuss nach dem anderen und ich wusste, dass auf unsere Staffel wirklich Verlass war.
Als wir die FLOT endlich passierten, hatten wohl auch die Nordkoreaner genug und die letzten CAP-Flieger Rabbit und Hummer zogen ohne Gefahr aus dem Zielgebiet ab und reihten sich hinter uns in den Anflug auf Kimpo.
Es hatte sich wieder einmal gezeigt, dass Aufgeben nicht unser Ding ist. Alle haben am selben Strick gezogen und auch in schnell ändernden Situationen wurde immer die perfekte Taktik gewählt. Das ist es wohl, warum unsere Staffel immer die heikelsten Missionen kriegt. Ich war mächtig stolz auf unsere Leistung und auch die Crew der Air Force staunte, was wir da zustande brachten.
Als wir im Final der 14R waren und ich mich schon im lang ersehnten Bett wähnte, meldete sich Bumerang nochmals ganz aufgeregt auf UHF. Der Einsatz sollte noch nicht zu Ende sein. Er habe soeben einen dringenden Befehl vom Oberkommando erhalten und ich müsse mich nach der Landung unverzüglich zu einer F-16 machen, die voll mit GBU-31 aufmunitioniert auf dem North Apron bereitstehe. Von Schlafen war also keine Rede......